Am 17. Februar 1972 wurde der Volkswagen Käfer zum weltweit meistproduzierten Automobil.
Kaum eine andere Fahrzeugbaureihe durfte die Automobilgeschichte des 20. Jahrhunderts so facettenreich mitprägen wie der Volkswagen Typ 1, unser Käfer. Rund um den Globus, in allen Klimazonen und auf jeder nur denkbaren Straße und Piste mit bemerkenswerter Zuverlässigkeit unterwegs, qualifizierte sich der Käfer zügig zum Weltmeister.
Grund zum Jubeln: Am 17. Februar 1972 löste der Volkswagen Käfer das Ford T-Modell als bis dahin meistgebautes Automobil der Welt ab. Rund 26 Jahre nach dem Anlauf der regulären Serienproduktion des Brezel-Käfers konnte Volkswagen bereits einen neuen Produktionsweltrekord aufstellen: Im Stammwerk Wolfsburg krabbelte die Nummer 15.007.034 des luftgekühlten Heckmotor-Modells gegen 13.45 Uhr in Halle 12 vom Band. Es war ein Exemplar des 1970 vorgestellten Volkswagen 1302, das den bisherigen Rekord von Ford knackte und Volkswagen offiziell zum Stückzahlenweltmeister machte.
Nicht zuletzt dank kontinuierlicher Modellverbesserungen wie einer McPherson-Aufhängung und einem 1300er-Motor mit 32 kW (44 PS) oder 37 kW (50 PS) fiel 1972 die Tagesproduktion mit 5.600 Einheiten pro Werktag so hoch wie nie zuvor in der Unternehmensgeschichte aus. Und der Werktag wurde sozusagen zu einem Feiertag, als die Endmontage und der blaue Rekord-Käfer 1302 S mit Blumen dekoriert wurden und der damalige Volkswagen Vorstandsvorsitzende Rudolf Leiding anlässlich der Stückzahlengroßleistung eine Laudatio hielt.
Weltmeister in bewegter Zeit: Der Käfer knackte den Produktionsrekord in einer Zeit des Umbruchs. Anfang der 1970er Jahre hatte die Volkswagenwerk AG große Herausforderungen zu meistern; ein starker Wettbewerb, gesättigte Märkte sowie neue Kundenbedürfnisse führten zu einem schwierigen Marktumfeld. Ersten Krisenanzeichen begegnete das Wolfsburger Automobilunternehmen mit kostensenkenden Maßnahmen im laufenden Betrieb. Zugleich wurde viel in eine neue Modellpalette investiert, welche schließlich Volkswagen künftig wieder auf die Erfolgsspur zurückführen sollte: Eine neue Modellgeneration mit wassergekühlten Frontmotoren statt des bewährten luftgekühlten Boxermotors stand in den Startlöchern.
Diese Investitionen in die Zukunft samt Transformation der Modellphilosophie hatte ein einziges Modell ermöglicht: der Volkswagen Typ 1. Kurz bevor er seinem Nachfolger, dem Golf, die große automobile Bühne überließ, erreichte der Käfer im Februar 1972 noch diesen bemerkenswerten Meilenstein.
Weltmeisterliches Dankeschön
Der Käfer 1302 S „Weltmeister“ aus dem Jahr 1972
Noch länger feiern konnten jedoch die Kunden – mit einem eigens zu diesem Anlass aufgelegten Weltmeister-Sondermodell: Als Dankeschön von Volkswagen wurde die Sonderserie als zeitlich begrenzte Verkaufsaktion vom 19. Februar bis 31. März 1972 angeboten. Und die Bestellungen gaben der Idee recht – über 6.000 Kunden griffen zu.
Besonders seine reichhaltige Sonderausstattung steht dem Weltmeister-Käfer damals wie heute gut zu Gesicht. Die hauseigene Abteilung „Farben und Stoffe“ hatte sich zuvor kräftig ins Zeug gelegt und eigens einen Farbton kreiert, dem die Interieurdesignerin Gunhild Liljequist auch einen passenden Namen gab: Marathon metallic.
Pluspunkte gegenüber der 1302-Basisversion waren weiterhin sportliche Lemmerz-Weltmeisterfelgen, Halogenscheinwerfer, Doppeltonhorn, Rückfahrleuchten, beheizbare Heckscheibe, schwarze Cordsitze, Schalttafelpolsterung, aber auch praktische Dreingaben wie Fußraummatten und Gummischutzleisten an den Stoßstangen.
Als Zugabe erhielten Weltmeister-Käufer eine charmante Accessoires-Auswahl: Neben einem Werkszertifikat gab es einen Aufkleber, einen Schlüsselanhänger, einen Schmuckanhänger und eine Goldmedaille mit der Aufschrift „Der Weltmeister“.


Für das Sondermodell gab es die extra kreierte Sonderfarbe Marathon metallic. Der im August 1970 eingeführte Käfer 1302 war eine sanfte Revolution: Besonders mit seinem neuen, aufwendigen Fahrwerk …

… und dem auf 260 Liter vergrößerten Kofferraum-Volumen konnte er bei der Kundschaft punkten.

Der Dreiklang Heckantrieb, Boxermotor und Luftkühlung blieb über die gesamte Käfer Serienbauzeit unangetastet.

Auch im Weltmeister-Käfer war man mit 1.584 ccm Hubraum und 37 kW (50 PS) und 130 km/h Höchstgeschwindigkeit unterwegs.

Schwarze Cordsitze, Schalttafelpolsterung, Fußraummatten und Gummischutzleisten an den Stoßstangen gab es im Sondermodell.

Die Lemmerz-Weltmeisterfelgen zeichneten das Sondermodell ebenfalls aus.

Die Weltmeister-Goldmedaille des Sondermodells hat längst Kultstatus erreicht.

Auf das große Heckfenster durfte jeder Weltmeister-Fahrer zurückblicken. Ein Aufkleber unterstreicht den Stückzahlenrekord.

Grund für das begehrte Sondermodell: Seine große Beliebtheit machte den Käfer 1972 zum meistgebauten Automobil überhaupt. Am 17. Februar krabbelte er am Ford T-Modell vorbei. Stolz präsentiert ein Mitarbeiter eine Miniatur des als Weltmeister abgelösten Modells.

1972 überholte der Käfer das T-Modell an Stückzahlen. Eine beachtliche Leistung für ein Modell, dem internationale Automobilexperten nach dem Ende des zweiten Weltkriegs keine lange Zukunft prophezeit hatten. In den 1930er Jahren konstruiert, wies der Volkswagen noch etliche unzeitgemäße Mängel auf, die jedoch durch ständige Modellverbesserungen minimiert wurden. Der ebenso zuverlässige wie wirtschaftliche Volkswagen wurde bald nicht nur in der Bundesrepublik zum Bestseller, sondern auch auf vielen Exportmärkten zum Symbol des deutschen Wirtschaftswunders.

Das von 1908 bis 1927 von der Ford Motor Company gebaute Modell T, in den USA auch „Tin Lizzy“ und in Deutschland „Blechliesl" genannt, wurde am 17. Februar 1972 vom Volkswagen Typ 1 als Produktions-Weltmeister abgelöst. Seit Dezember 1945 in Serie, waren bereits am 5. August 1955 die erste Million, am 29. November 1967 der zehnmillionste Käfer produziert worden.

Im November 1958 hatte eine Jury aus Vertretern der fünf großen amerikanischen Ingenieurverbände an Ferdinand Porsche postum sowie an Heinrich Nordhoff und die gesamte Belegschaft des Volkswagenwerks den Elmer-Sperry-Preis für ihre Verdienste um Konstruktion, Herstellung und Verbreitung des Volkswagen Typ 1 verliehen. Nie zuvor war diese Auszeichnung für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet des Transportwesens an Nicht-Amerikaner oder Vertreter der Automobilindustrie gegangen. Und 1972 wurde der kleine Käfer auch noch Weltmeister. Beim Festakt hielt auch der damalige Volkswagen Vorstandsvorsitzende Rudolf Leiding eine Laudatio.