Zum 40-jährigen Jubiläum des Golf GTI treffen die beiden Designerinnen erstmals aufeinander. So stimmig wie ihr Interieurdesign im GTI ist auch die Farbwahl ihrer Kleidung, wie beide überrascht beim Eintreffen im Fotostudio feststellen. In Rot und Schwarz, ganz ohne Absprache. Und die Chemie stimmt sofort: Gunhild Liljequist und Manuela Joosten fachsimpeln, lachen und plaudern, als würden sie sich bereits viele Jahre kennen. Nach wenigen Sätzen sind sie beim Du. Und mittendrin im Austausch über den Golf GTI – und was sein Interieur so unverwechselbar macht.
Gunhild Liljequist, Manuela Joosten und das Design im GTI
Gunhild Liljequist prägte von 1964 an als erste Frau im Volkswagen Design fast 30 Jahre lang zahlreiche Modelle, so auch maßgeblich das Interieur des ersten GTI. Manuela Joosten ist seit 1994 bei Volkswagen kreativ, als Designerin im Bereich Color & Trim verantwortet sie die Farben und Materialien der Innenausstattung – und auch der Golf VII GTI trägt ihre Handschrift.
Das Karomuster gehört zum ersten GTI dazu wie der rote Zierstreifen am Kühlergrill. Wie kam der Ur-GTI zu seinen Sitzen mit Schottenstoff?
Gunhild Liljequist: Ich habe mich viel auf meinen Großbritannien-Reisen inspirieren lassen. Und hochwertige Stoffe mit Karomuster, die hatten es mir schon immer angetan. Das sind traditionelle Muster, die man aber sehr gut neu interpretieren kann. Die klassischen schottischen Clan-Muster konnte ich ja natürlich nicht nehmen, aber sie brachten mich auf gute Ideen.
Manuela Joosten: Das ist bei mir auch so! Karomuster liebe ich auch sehr, und von Stoffen und Mustern aus England lasse ich mich heute auch noch gern inspirieren.
Liljequist: Der Auftrag lautete: Wir machen einen Sport-Golf, von dem noch keiner weiß. Also habe ich mich dem Thema unter dem Aspekt Sportlichkeit genähert. Schwarz war sportlich, aber ich wollte auch Farbe und Hochwertigkeit. Und so kann man sagen: Im GTI steckt britische Sportlichkeit.
Joosten: Du warst damit stilprägend! Für den GTI der fünften Generation haben wir den originalen Stoff aus dem Archiv geholt, und an ihm orientieren wir uns seither. Im aktuellen GTI haben wir stark auf Struktur und 3-D-Optik gesetzt, um das klassische Muster modern und doch wiedererkennbar umzusetzen. Dein Karomuster im Ur-GTI ist ein Zeitzeuge!
Ein Zeitzeuge im Schottenrock – war die Liljequist'sche Kreation somit Pionierarbeit?
Joosten: Auf alle Fälle. Der Stoff im ersten GTI war prägend. Seither steht das Karomuster für Sport und GTI.
Liljequist (winkt lachend ab): Ach, wirklich? Das war einem damals ja nicht klar. Ich wollte den Stoff einfach klassisch-sportlich gestalten. Denn er sollte ja auch noch viele Jahre ansehnlich sein. Ein hoher Anspruch ...
Joosten: ... unbedingt. Ich gucke bei meinen Recherchen auch immer in den hochwertigen Bereichen. Als Designer bei Volkswagen arbeiten wir schließlich mit Werten und Traditionen – und sind dennoch zeitgemäß. Und so geht es ja auch bei den Stoffen darum, etwas zu entwerfen und zu produzieren, das auch noch in zehn Jahren Wert besitzt. Stilistisch ist der rote Faden im GTI eben der Karostoff. Seit der sechsten Generation sind Karomuster im GTI definitiv gesetzt, nur eben mit neuen Materialien und Technologien. Aber erst durch Gunhilds Stoff im ersten GTI wurde das Karomuster überhaupt zu einem sportlichen Attribut.
„Ich habe assoziiert. Was ist sportlich? Sport – Golfsport, ja dann nehmen wir doch den Golfball?!“
Kein GTI I ohne den legendären Golfball-Schaltknauf ...
Liljequist: Wir wussten ja noch gar nicht so genau, was wir machen, das war ja ein Geheimauftrag. Es hieß eigentlich nur: Wir machen da jetzt ein tolles Auto und das soll sportlich sein. Da braucht es auch ein bisschen Mut. Und der Golfball war eine ganz spontane Idee. Wir haben zu dritt überlegt, was alles in einen sportlichen Golf passen würde. Und dann habe ich meine Assoziation von Sport und Golf einfach laut ausgesprochen: Wie wäre es mit einem Golfball als Schaltknauf? Anfangs bin ich noch belächelt worden ...
Joosten: ... und dann wurde es ein Erfolg. Deinen Golfball haben wir für die siebte Generation als Reminiszenz an den ersten Golf GTI gern wieder aufgegriffen. Der Golfball ist ja eines der Elemente, die den ersten GTI so unverkennbar machen. Aber spannend, dass es damals mit kreativen Einfällen nicht anders war als heute: Manche Idee wird anfangs nicht so ganz ernst genommen – und dann ist es genau das, was die Kunden besonders toll finden, weil es eben emotional ist.
Wir arbeiten mit Werten und Traditionen – und sind dennoch zeitgemäß. Stilistisch ist der rote Faden im GTI eben der Karostoff.
Frau Joosten, worauf haben Sie als Color & Trim-Designerin beim Golf VII GTI Wert gelegt?
Joosten: Wichtig ist, dass man sowohl beim Exterieur als auch beim Interieur den Golf GTI als solchen wiedererkennt – und ihn dennoch als neuen Volkswagen wahrnimmt. Gerade diesen Heritage-Aspekt finde ich so spannend an unserer Arbeit. Man überlegt also, was macht einen GTI aus? Für mich ist GTI beispielsweise ganz klar: rot.
Liljequist: Unbedingt! Rot ist Kraft. Der marsrote Zierstreifen am Kühlergrill, mit dem hat Herbert Schäfer* ein unverwechselbares Kennzeichen geschaffen ...
Joosten: ... und das findet sich deshalb auch im Interieur wieder: rote Dekorbeleuchtung, rote Linie am Kombiinstrument und in den Einstiegsleisten, rote Kappnähte. Dazu dann dein schwarzer Dachhimmel. Gunhild, du siehst: Deine sportliche Grundidee ist gesetzt.
Liljequist: Rundum gute Arbeit. Den hier würde ich sofort nehmen.


Es ist eine Begegnung der Stilikonen. Klassiker trifft auf Moderne, doch aus der gleichen Familie: der Golf I GTI und der Golf VII GTI. Vier Jahrzehnte Designgeschichte liegen dazwischen und dennoch sprechen sie die gleiche kreative Sprache: Interieurdesigner wie Gunhild Liljequist und Manuela Joosten verantworten es, dass man beim Einsteigen sofort erkennt – das ist ein GTI.

Sie kam 1964 nach Wolfsburg – als erste Frau im Volkswagen Design. Die gelernte Porzellanmalerin war bis 1991 in der Abteilung „Farben und Stoffe“ prägend für viele Serienmodelle, legendäre Sondermodelle wie den Jeans-Käfer oder das Golf I Cabriolet „Etienne Aigner“ und unvergessene Farben wie z. B. das „Marathon metallic“ des Weltmeister-Käfers. Bis ins hohe Alter war sie als Künstlerin aktiv. Am 27. März 2022 ist Gunhild Liljequist im Alter von 86 Jahren verstorben.

Die Textildesignerin kam 1994 zu Volkswagen. Als Designerin im Bereich Color & Trim verantwortet sie die Farben und Materialien der Innenausstattung. Mit ihrem Team hat sie die Modelle Golf IV bis VII sowie up!, Scirocco und diverse Showcars maßgeblich mitgestaltet. Seit 2014 leitet Joosten das siebenköpfige Team für „Small Segments“ im Designbereich Color & Trim.

Zum 40-jährigen Jubiläum des GTI im Jahr 2016 treffen die Designerinnen erstmals aufeinander. Und die Chemie stimmt sofort: Gunhild Liljequist und Manuela Joosten sind innerhalb weniger Minuten vertraut miteinander und bereits in den Austausch über den GTI vertieft. Die Farbwahl ihrer Kleidung harmoniert ebenfalls, ganz unabgesprochen. Und so merkt Gunhild Liljequist mit einem herzlichen Lachen an: „Rot und Schwarz sind Farben der Sportlichkeit. Schau mal, Manuela, wir sind heute total sportlich!“

Gemeinsam erkunden sie das Interieur im 1978er GTI von Volkswagen Classic. Gunhild Liljequist prägte das Interieur des Ur-GTI maßgeblich und setzte damit Maßstäbe. Für Manuela Joosten war der Liljequist'sche GTI-Stoff „stilprägend“ und voller Anerkennung stellt sie fest: „Dein Karomuster im Ur-GTI ist ein Zeitzeuge!“

Der Golfball als Schaltknauf ist ein legendäres Element des ersten GTI. Eine spontane Idee, entstanden aus Liljequists Assoziationen heraus: „Was ist sportlich? Sport – Golfsport, ja dann nehmen wir doch den Golfball?!“

Der Ur-GTI verdankt seine markanten Interieur-Elemente Gunhild Liljequist und ihrer Vorliebe für Großbritannien und seine klassischen Muster: „Der Auftrag lautete: Wir machen einen Sport-Golf, von dem noch keiner weiß. Also habe ich mich dem Thema unter dem Aspekt Sportlichkeit genähert. Schwarz war sportlich, aber ich wollte auch Farbe und Hochwertigkeit. Und so kann man sagen: Im GTI steckt britische Sportlichkeit.“

„Sportliches Schwarz und Rot wollte ich im Stoff, und der gelbe Streifen sollte das Ganze lebhaft machen. Im Karomuster ist daher auch Schwarz-Rot-Gelb [Gold] drin – die deutsche Abwandlung des britischen Karostoffs.“ Das Spucknapf-Lenkrad war nicht Gunhild Liljequists Idee, aber die Designerin findet es dem Zeitgeist entsprechend sehr gelungen. „Und so schön praktisch“, witzelt sie, „da kann man ein paar Kekse für die Fahrt ablegen.“

Mit dem marsroten Zierstreifen am Kühlergrill schuf der damalige Volkswagen Chefdesigner Herbert Schäfer ein unverwechselbares äußeres Kennzeichen.

Beim Blättern im ersten Verkaufsprospekt des GTI sind sich beide Designerinnen einig: Rot ist Kraft und das Marsrot als eine der zwei Farben des Ur-GTI von 1976 absolut passend. Wobei Manuela Joosten dennoch dem weißen GTI den Vorzug gibt: „Eigentlich ist Rot die GTI-Farbe. Aber dadurch, dass der rote Zierstreifen an der Front dann nicht so gut auffällt, nehmen wir den aktuellen am liebsten in Weiß.“

40 Jahre trennen beide GTI, doch ist die Verwandtschaft deutlich zu erkennen. Ein wichtiger Aspekt für die kreativen Köpfe im Volkswagen Design. „Wichtig ist, dass man sowohl beim Exterieur als auch beim Interieur den Golf GTI als solchen wiedererkennt – und ihn dennoch als neuen Volkswagen wahrnimmt. Gerade diesen Heritage-Aspekt finde ich so spannend an unserer Arbeit“, erklärt Manuela Joosten.

Als Designerin im Bereich Color & Trim hat sie mit ihrem Team die Modelle Golf IV bis VII maßgeblich mitgestaltet. Wenn sie über den GTI VII spricht, leuchten ihre Augen und man spürt sofort: Hier steckt Liebe im Detail.

Sieht nicht nur gut aus, fühlt sich auch rundum gut an, der GTI VII. Das kommt nicht von ungefähr, erklärt Manuela Joosten: „Haptik ist bei allen Materialien im Fokus, nicht nur bei denen, die ständig beim Fahren berührt werden. So wird von unserem Team jedes einzelne Teil ,angefasst‘, sinnvoll designt und mit Material, Farbe und Oberflächen belegt.“

Auch das Lenkrad des aktuellen GTI erinnert mit seinem runden Topf an das des Ur-GTI. Nur dürfte es mit den Keksen schwieriger werden. Dafür greifen die Kappnähte in Flashrot die sportliche GTI-Farbe wieder auf.

Gunhild Liljequist zeigt sich beeindruckt von der roten Ambientebeleuchtung: „Wenn es das damals schon gegeben hätte, das hätte ich auch gemacht!“

Der Golfball aus dem Ur-GTI ist auch in der siebten Generation wieder aufgegriffen, aber ebenso wie die Stoffe mit modernen Materialien und Technologien neu interpretiert worden. „Im GTI VII haben wir stark auf Struktur und 3-D-Optik gesetzt, um das klassische Muster modern und doch wiedererkennbar umzusetzen. Das Karo liegt optisch über der in sich strukturierten Grundqualität. Um das Auto noch hochwertiger zu gestalten, haben wir das passende Unimaterial in den Seitenwangen der Sitze und in den Türen verbaut“, erklärt Manuela Joosten.

Zwei Designerinnen, die nie zusammen gearbeitet haben, aber sofort eine Ebene finden und sich dank ihrer kreativen Leidenschaft verbunden fühlen. Manuela Joosten und Gunhild Liljequist haben ansteckend viel Spaß bei diesem Treffen. Und ein Wiedersehen ist auch schon abgemacht. Unsere beiden GTI der ersten und der siebten Generation werden dann wahrscheinlich nicht dabei sein. Also schnell noch einmal das Traumpaar genießen.

Das Original, seit 1976. Und ein Mythos, bis heute.