Diese Fahrzeuge sind nichts für schwache Augen. Denn zumindest in der Frontansicht muss man schon sehr genau hinsehen, um sie auf den ersten Blick zu unterscheiden: den Volkswagen Derby und den Volkswagen Polo. Und – anders als im Sport – geht es bei diesem „Derby“ nicht um Rivalen, sondern um ziemlich enge Verwandte. Nämlich die Derby getaufte Stufenheckvariante des 1975 eingeführten VW Polo I. Zwei Volkswagen also, die nicht nur die Gene, sondern auch die allermeisten Bauteile gemeinsam haben.
Und das sieht man dem Derby an, schon auf den ersten Blick: Dessen erste Generation, die im Frühjahr 1977 Premiere feierte, entspricht bis zur B-Säule seinem zwei Jahre zuvor eingeführten Schwestermodell Polo. Ab da ist der VW Derby I allerdings ausgeführt als zweitürige Limousine – mit entsprechend „stufig“ geschnittener Heckpartie und separat abschließbarem Kofferraumabteil.
Erfolgreicher Sportsfreund: Dank dieses Gepäckraums und seiner klassischen Stufenheck-Silhouette erfreut sich der 3,84 Meter lange Derby, der somit den Polo um ganze 32 Zentimeter überragt, vor allem in den traditionellen Limousinenländern Südeuropas großer Beliebtheit. Doch auch in Deutschland findet der ab 9.995 D-Mark erhältliche Derby der ersten Generation zu Beginn seiner automobilen Karriere schnell viele Freunde. Bei der Namensgebung des Derby steht – typisch Volkswagen – nach Golf und Polo einmal mehr die Welt des Sports Pate.
Der kleine Wolfsburger nimmt die Herausforderung an wie ein großer Sportsmann. Er kommt erstaunlich gut aus den Startblöcken – und mischt die Kleinwagenklasse direkt zum Start gehörig auf: Mit 112.783 verkauften Exemplaren übertrumpft er in seinem ersten Produktionsjahr sogar knapp den Absatz des Polo, der im selben Zeitraum 122.774 Mal vom Band rollt.
Praktisch bis unter die Kofferraumklappe
Seine Beliebtheit hat Gründe. Diese sind vor allem praktischer Natur: Der Kleinwagen ist nicht nur genauso robust und genial einfach konstruiert wie der Polo. Er verpackt auch einiges: Acht Wasserkästen lassen sich in ihm verstauen, wie verdutzten Kunden – sehr zur Freude der Autohändler – im Verkaufsgespräch immer wieder gerne vorgeführt wird.
Drei verschiedene Ottomotoren, wie beim Polo allesamt an manuelle Vierganggetriebe gekoppelte Reihenvierzylinder, stehen für den Derby der ersten Stunde zur Wahl: Ihr Leistungsspektrum reicht von 40 PS (29 kW) starken Vergasermotörchen mit 895 cm³ Hubraum bis hin zu 60 PS (44 kW) Leistung beim 1,3-Liter-Motor. Dieser ist eine aufgebohrte Version des aus dem Golf I bekannten 1,1-Liter-Motors, der sich – anders als im Golf – im Derby allerdings mit Normal- statt mit Superbenzin begnügt.
Mit Sparformel
Eine Sonderstellung genießt das ausschließlich 1981 angebotene Modell „1,1 Liter Formel E“, bei dem der vierte, auch „E-Gang“ genannte Gang besonders lang übersetzt ist, wobei die Höchstgeschwindigkeit von 144 km/h bereits im dritten Gang erreicht wird. Zudem verfügt der 50 PS (37 kW) Motor in der „Formel E“-Version über ein höheres Drehmoment als seine „regulären“ Pendants. Beide Maßnahmen sind dazu gedacht, Benzin einzusparen.
Bei der Anfang 1979 erfolgten Modellpflege hat der Derby bereits Stoßfänger aus Kunststoff verpasst bekommen. Auch die Armaturentafel wird der des Polo angeglichen, ehe 1981 nach vier Jahren und rund 300.000 ausgelieferten Exemplaren die zweite Generation des Derby – zu erkennen an den nunmehr rechteckigen Frontscheinwerfern – an den Start geht.
Ab 1985 „Polo Stufenheck“: Doch der Derby II wird – dem Markentrend beim Passat und dessen Stufenheckvariante Santana folgend – im Frühjahr 1985 wieder in Polo umbenannt, und die eigene Modellbezeichnung wird aufgegeben, bevor im August 1988 der Polo Stufenheck in Deutschland letztlich ganz aus dem Verkauf genommen wird.
Heute jedoch sind Derby der alten Schule beliebte Sammlerobjekte. Attraktiv sind sie vor allem für jene Freunde automobiler Klassik, die etwas Besonderes suchen und zugleich die robuste Bauart und gute Teileversorgung klassischer Volkswagen der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre nicht missen möchten.